Montag, 27. Oktober 2008

Dialog im Dunkeln

Das Konzept wurde von Andreas Heinecke in, ich glaube, Hamburg entwickelt und in vielen Städten und Ländern aufgegriffen und fortgeführt – unter anderem auch im Vaisseau in Straßburg. Hier bei uns heißt es „Dialog im Dunkeln“ ist eine Sonderausstellung, die das normale Programm im Vaisseau ergänzt.

Es geht darum, die Welt der Blinden zu erfahren. Dazu wird man auf einen Parcours in die völlige Dunkelheit geschickt – man bekommt einen Stock in die Hand gedrückt und es gibt einen Guide – einen der Blinden oder Sehbehinderten, die zu diesem Zweck für die Monate der Ausstellung im Vaisseau arbeiten. Den braucht man auch, in der Dunkelheit. Als sich meiner samt der restlichen Gruppe einmal ein kleines Stück von mir entfernt hat, wurde mir wirklich mulmig in der völligen Licht- und Orientierungslosigkeit. Es wird also gestolpert, gefühlt, getastet, gerochen und immer wieder mit aufgerissenen Augen ins Dunkle gestarrt. Ich hätte gerne mal gesehen, wie die so aussehen, Augen im Dunkeln. Hat man dann riesengroße Pupillen? Oder resigniert der Körper?*

Auch sonst wäre ne Infrarotkamera sicherlich ne gute Idee, ich bin sicher, wir Torkler sahen ziemlich witzig aus, so ungeschickt und hilflos. Fast noch mehr als der Parcours selbst, ist es aber die Anwesenheit der blinden Guides auf Arbeit, die mich über den Alltag eines Blinden nachdenken lässt. Sie haben besondere Programme, die ihnen das Internet und alles, was sie selbst tippen vorlesen (manchmal zum Leidwesen ihrer Büronachbarn.  ), sie bringen ihre wunderschönen Blindenhunde mit in den Pausenraum, wo diese dann hemmungslos jeden nach Nahrung anbetteln, sie kommen erstaunlich gut klar und irgendwie sind sie immer gut gelaunt.

Bei uns heißt die Ausstellung übrigens „Dialog im Dunkeln/ Dialogue Dans Le Noir“ (wir sind voll zweisprachig) und ist bis zum März zu sehen. (Ich meine mich zu erinnern, dass mich eh tausend Leute besuchen wollten?) Aber es gibt sie auch in vielen anderen Städten in Deutschland. Sollte Euch eine solche Möglichkeit mal über den Weg laufen – ich glaube, im Plan B in Rostock gibt es manchmal Dinner im Dunkeln – ich kann es nur empfehlen: Es ist wirklich eine Erfahrung.

~*~

* Da fällt mir eine andere Frage ein, die ich mir mein Leben lang gestellt habe und die das Vaisseau – meine Praktikumseinrichtung, da erzähl ich bald noch mal ausführlich von – endlich geklärt hat. Wie Spiegel aussehen, wenn sie nichts zum Spiegeln haben, nämlich. Darüber habe ich mir schon stundenlang den Kopf zerbrochen. (Nicht am Stück, zugegeben.) Tja, jetzt weiß ich es… Wissenschaft zum Anfassen, kann ich nur empfehlen. 

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